Unter Affen und über den Wolken

16 04 2013

Nach intensiven Reisewochen und vielen Erlebnissen wollte ich mich mal ein wenig zurücklehnen. Da zwei Freunde aus Deutschland ihre Arbeit für zwei Wochen niederlegten und meinem Lockruf aus dem Dschungel folgten, stand einem erholsamen Urlaub eigentlich nichts im Wege…

…dachte ich mir so, in meinem unbekümmerten Leichtsinn. Am Ende der zwei Wochen fragte ich mich jedoch für einen kurzen Augenblick: Wollte ich mich nicht eigentlich zurücklehnen? Aber anscheinend fällt mir das Nichtstun schwer. Ich kann es nicht. Noch nicht. Vielleicht wenn ich alt bin. Im Moment will ich Neues sehen und noch nicht Erlebtes ausprobieren. Ich kann einfach nicht den halben Tag faul am Strand liegen. Da mein Besuch (Falko und Helmi) eine ähnlich abenteuerlustige Vorstellung vom Reisen hatte, verbrachten wir zwei actionreiche Wochen, auf die ich gern zurückblicke. Mich erholen? Das kann ich tun, wenn ich wieder in Deutschland bin…

Der Ort des Geschehens war Borneo, eine Insel mit malaysischem und indonesischem Anteil, wobei wir uns für den malaysischen Bundesstaat Sabah entschieden hatten. Aufgrund des an einigen Orten vorhandenen ursprünglichen (und noch nicht durch Palmölplantagen ersetzten) Dschungels wollten wir auch einige Tiere beobachten, die uns im heimischen Fichtenwald nicht über den Weg laufen. Unsere erste Station war ein Rehabilitations-Centre für Orang-Utans, in dem sich um gerettete Orang-Utan Babys gekümmert wird, die als Folge der Waldrodung, der illegalen Jagd oder als Haustiere aufgefunden wurden. Die verwaisten Orang-Utans lernen hier wieder in freier Wildbahn zu überleben und werden anschließend freigelassen. Es war absolut erstaunlich zu beobachten, wie sehr das Verhalten der Orang-Utans dem menschlichen gleicht. Die genetische Übereinstimmung liegt bei 97 %. Einer der Orang-Utans hatte zu Falko und Helmi solch eine Zuneigung entwickelt, dass er Händchen halten und in den Arm genommen werden wollte… Dass es den Orang-Utans hier gut geht, hatte sich im wortwörtlichen Buschfunk anscheinend rumgesprochen. Zunehmend versuchten daher auch andere Affen, sich das bereitgestellte Essen zu krallen, wobei die Orang-Utans zeigten, wer der Chef im Ring ist… ein Affentheater!

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Die nächste Station war eine Bootssafari auf dem Kinabatangan. Jede Beschleunigung des Bootes bedeutete eine willkommene Brise, denn auf Borneo herrschte wirklich eine Affenhitze. Während der Fahrt lauteten die Worte unseres Guides meist so oder so ähnlich: „Monkey, there in the tree.“ – Aha, ein Affe im Baum, aber welcher von den 73 Bäumen? Als ich im dichten Blätterwald noch immer suchte, hatten meine Bootskollegen meist schon 5 Fotos gemacht. Am besten war natürlich der Guide. Zunächst dachten wir noch, er hätte Adleraugen. Das ist aber aufgeflogen, als er eine Schlange im Baum gesichtet haben wollte, die man selbst mit einem Fernglas zehnfacher Stärke nicht hätte erkennen können. Als wir dann nah genug dran waren, konnten wir die Schlange auch entdecken. Außerdem entdeckten wir vor den Bäumen in den Boden gesteckte Stöcke, sodass jeder Guide schon vorher wusste, an welchen Stellen sich die entsprechenden Tiere gewöhnlich aufhielten… von wegen gute Augen! Neben verschiedenen Affenarten (unter anderem die mit der Maik-Krüger-Nase) gab es auch viele Vögel sowie große Leguane und ein Krokodil zu sehen… tierisch gut!

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Nachdem wir uns mit den Tieren an Land vertraut gemacht hatten, wollten wir natürlich auch die Meeresbewohner kennen lernen. Beim Schnorcheln freuten wir uns über Seesterne, Rochen, Oktopusse und andere Lebewesen des Ozeans. Leider waren nicht alle Meerestiere so friedlich gesinnt wie die Schildkröte, mit der wir geschwommen sind. Beim Anblick einer Riesenqualle führten unsere Berührungsängste sogar dazu, das Ballspiel im Wasser einzuschränken. Ballspiel? Für maximalen Spaß beim Spiel am Strand und im Wasser erstanden wir einen Ball in der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses. War das nicht genug, versuchten wir uns beim Beachvolleyball mit Malaysiern oder Fitnessübungen unter Sportlehrern zu verausgaben… Langeweile? Ein Fremdwort!

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Für eines dieser Stranderlebnisse mieteten wir ein Auto, um an den nördlichsten Punkt Borneos zu gelangen. Ich freute mich, durfte ich doch nach über einem halben Jahr mal wieder Auto fahren. Um den Schwierigkeitsgrad etwas zu erhöhen, war es zugleich die erste Automatikschaltung und mein erster Linksverkehr…Halleluja! Die mit Schlaglöchern und Schotterpisten übersäten Straßen im ländlicheren Teil Borneos sowie im Dunkeln sich auf den Straßen sammelnde Kuhherden waren da lediglich die Zugabe. Aber auch im Hellen hatten wir schon selbst für eine Herausforderung gesorgt… Helmi: „Jungs, lasst uns hier lieber mal tanken.“ Falko und Timo wussten es natürlich besser: „Ach, wir nehmen die nächste Tankstelle.“ Die Fortsetzung ist leicht zu erraten: Kilometerlang gab es natürlich keine Tankstelle und als wir nur noch mit ein paar Tropfen Benzin ausgestattet dann doch die Oase in der Wüste zu erblicken glaubten, hatte die Tankstelle natürlich geschlossen. Es war Sonntag und der Besitzer war im überwiegend christlich geprägten Sabah gerade in der Kirche. Eine gute Stunde Warten bei 35 Grad und 90 % Luftfeuchtigkeit lohnte sich aber und unser Urlaub war um eine Geschichte reicher.

Unser kleiner Flitzer

Nachdem wir schon abgetaucht waren, wollten wir zum Ende noch einmal hoch hinaus: Auf den Mount Kinabalu, mit 4095 m der höchste Gipfel Südostasiens, hatte ich mich schon seit Monaten gefreut. Und nun hatte ich noch zwei Verrückte gefunden, die mit mir da hoch wollten. Am Eingang des Nationalparks (1524 m) wurden wir mit unserem Guide bekannt gemacht, der für den Aufstieg verpflichtend war. Leider hatte sein englischer Wortschatz jedoch noch weniger zu bieten als mein Malaysisch. Am ersten Tag hatten wir unseren Guide aufgrund eines ehrgeizigen Wandertempos einige Male leicht abgeschüttelt, sodass ich mir manche Nachfragen („Are you okay?“) an ihn nicht verkneifen konnte. Innerhalb von 4:20 h waren wir bereits auf etwa 3300 m angekommen. Über den Wolken tankten wir beim Büffet neue Energie und zockten einige Skatrunden, mit denen wir uns auch sonst oft die Abende vertrieben. Nach einer unruhigen Nacht starteten ab 2 Uhr die ersten Kletterer den Aufstieg, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Gipfel zu sein. Wir machten uns 3:30 Uhr auf die Socken und hatten 5:20 Uhr den höchsten Punkt Südostasiens erreicht. Gerade rechtzeitig, um das Schauspiel eines einzigartigen Sonnenaufgangs über den Wolken zu beobachten, von der Dämmerung bis zum strahlenden Sonnenschein. Da oben brauchte ich dann auch das einzige Mal für diesen „Winter“ Mütze und Handschuhe.

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Da Helmi leichte Anpassungsschwierigkeiten an die Höhenluft hatte (aber tapfer kämpfte!), ging es sehr bald schon an den Abstieg. Am Nachmittag wieder unten angekommen, lagen über 2500 Höhenmeter bergab und gefühlte 3574281 Treppenstufen hinter uns. Ich hatte fast vergessen, wie sich Muskelkater anfühlt. Wollte ich mich nicht eigentlich zurücklehnen?

Das waren zwei Wochen voller Spiel, Spaß und Spannung auf Borneo. Terima kasih, Falko und Helmi! 🙂

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2 Antworten zu “Unter Affen und über den Wolken”

  • Ellen sagt:

    Lieber Timo, wieder einmal hatten wir viel Freude beim Lesen. Für deine wunderbare Berichterstattung und die einzigartigen Bilder ein dickes Lob! Schade, dass deine Tour bald zu Ende ist. Aber auch schön, wenn du dann wieder in der Nähe bist. Genieß einfach die paar Tage noch. Dann beginnt der Ernst des Lebens;).

    Liebe Grüße aus der Heimat von uns allen 🙂

  • Holger Olgerson sagt:

    Das sind aber schöne Fotos, Timo. Ich finde Vulkane auch inspirierend.Aber auf dem einen Foto, wer von euch beiden ist der Affe? 😛 Spaß haha, ich sehe dich als Idol und hoffe du gehst auf mehr reisen.
    Holger Olgerson 😀

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