Great Walks – Großartige Wanderungen
4 03 2013Neuseeland ist das Wanderparadies schlechthin. Vor allem bei Mehrtageswanderungen kann man die Seele hier wunderbar baumeln lassen: Natur pur in tollen Landschaften und einfachste Wanderhütten zur Übernachtung – back to the roots!
Die Kiwis haben für so manche Dinge ihre eigenen Wörter. So heißt Wandern (normalerweise „hiking“) hier „tramping“, nicht zu verwechseln mit Trampen in Deutschland. Mit dem Begriff „Great Walks“ haben sie jedoch ins Schwarze getroffen. Die neun schönsten Mehrtageswanderungen des Landes werden als Great Walks bezeichnet und hier ist der Name wirklich Programm. Der berühmteste ist der Milford Track, der meist monatelang im Voraus ausgebucht ist und für den Wanderfreunde aus aller Welt anreisen. Aber auch die anderen Great Walks sind einfach großartig.
Am schönsten ist des Müllers Lust natürlich bei passendem Wetter. Als ich hier zu meinem ersten Great Walk aufbrechen wollte, hatten wir alles perfekt vorbereitet… wirklich alles (!), bis auf das Wetter. Die Vorhersage für die zwei kommenden Tage war: Gewitter und Windgeschwindigkeiten bis 100 km / h bei einer Schneefallgrenze von 2000 m. Da wir aber unter anderem auf einen 2300 m hohen Berg wollten und im neuseeländischen Sommer zufällig gerade keine Winterausrüstung dabei hatten, mussten wir die Wanderung abblasen… verdammt! So schnell war der erste Anlauf vom Winde verweht, wortwörtlich. Aber… das ist mittlerweile schon ein paar Wochen her und seitdem hatte ich hier jeden Tag gefühlte 24 Stunden Sonnenschein. Die Kiwis sprechen vom besten Sommer seit 30 Jahren 🙂
Und nun gibt es eine Zusammenfassung (die vor allem bei der Fotoauswahl schwer fiel!) der letzten Wochen in den Nationalparks Neuseelands.
Abel Tasman Coastal Track
Die harten Fakten: 52 km in 19 h (2 Übernachtungen)
Was hier los ist: golden glänzende Strände und einige von den Gezeiten bestimmte Abschnitte, die nur bei Ebbe überquert werden können (z.B. 300m lang im hüfthohen Wasser laufen – verrückt!)
Was man wissen sollte: Abel Tasman war niederländischer Seefahrer und entdeckte Neuseeland im Jahre 1642 als erster Westlicher. Später erhielt es seinen Namen nach der Provinz Zeeland in den Niederlanden.
Was ich erlebt habe: Hier habe ich einen Engländer getroffen, der seit 4 Monaten in Neuseeland ohne Zelt wild campt (ähnlich dem Film „Into the wild“) und sich zu Fuß schon von der Nordspitze der Nordinsel bis zur Südinsel durchgeschlagen hat… das nenne ich Abenteuer!
Kepler Track
Die harten Fakten: 65 km in 22 h (2 Übernachtungen)
Was hier los ist: tolle Fjordlandschaften mit blauen Seen, hohen Bergen und üppigen Buchenwäldern
Was man wissen sollte: Regen ist eigentlich ein fester Bestandteil des Kepler Tracks. Die durchschnittliche jährliche Regenmenge ist 20-mal so groß wie die von London. Aber nicht mit mir… 3 Tage Sonnenschein! 🙂
Was ich erlebt habe: in der Nacht besonders laut schnarchende Wanderfrauen (!) mittleren Alters in den Hütten…
Tongariro Northern Circuit
Die harten Fakten: 51 km in 19 h (1 Übernachtung)
Was hier los ist: Wandern inmitten einer aktiven Vulkanlandschaft mit mehreren Kratern, wobei der Mount Tongariro erst vor wenigen Monaten zweifach ausgebrochen ist. Ein Streckenabschnitt ist nach wie vor gesperrt und ab und zu sieht man Hinweisschilder, dass man sich vor fliegenden Felsen in Acht nehmen soll.
Was man wissen sollte: Ein weiterer Vulkan ist der Mount Ngauruhoe, der von Peter Jackson als Mount Doom (Schicksalsberg) für die Verfilmung von „Lord of the rings“ ausgewählt wurde. Beim Auf- und Abstieg hatte ich Gesellschaft von einigen Belgiern, die tatsächlich eine Frodo-Puppe dabei hatten, welche dann einen Ring in den Krater warf 😉
Was ich erlebt habe: Da der Mount Ngauruhoe aus haufenweise Geröll besteht, sah der Aufstieg in etwa so aus: Zwei Meter hochklettern, einen Meter runterrutschen. Dafür ging der Abstieg dann schneller: Ich brauchte nur einen Schritt machen und schon war ich im Geröll ein paar Meter abwärtsgerutscht. Nebenbei musste man sich tatsächlich noch nach fliegenden Felsbrocken umschauen, zwar nicht vom Vulkanausbruch, aber von über einem Kletternden… Rock `n` Roll!
Auch viele der Tageswanderungen sind großartig. Wieder ein kurzer Überblick:
Franz Josef Glacier Walk
Belohnung der Wanderung ist ein blau schimmernder Franz-Josef-Gletscher, der zu den am langsamsten schmelzenden und mit nur 400m über Meereshöhe zu den am niedrigsten gelegenen Gletschern der Welt zählt. Hier hatten wir tatsächlich auch mal Wolken und etwas Regen.
Ben Lomond Track
Hier geht es 1400 Höhenmeter hinauf auf den Gipfel von Ben Lomond, um eine herrliche Aussicht auf Queenstown und die entfernten Southern Alps zu genießen. Zurück wollten wir dann einen anderen Weg wählen, was sich jedoch als Flop herausstelle: Erst hatten wir noch einen ausgeschilderten Weg. Später fehlte die Markierung, aber es gab immerhin noch einen Weg. Als dann aber plötzlich auch kein Weg mehr da war… nun ja, der Hinweg war eindeutig besser.
Hooker Valley Track
Die Wanderung führte durch ein langes Tal und endete mit dem Blick auf den zweithöchsten Berg Neuseelands Mount Tasman (3498 m). Bei warmem Wetter und Sonnenschein war der durch die schmelzende Gletscherzunge mit Eisschollen gesäte See echt erstaunlich.
Neben einem Dänen hatte ich auch Gesellschaft von einer 55-jährigen Hongkong-Chinesin, die für ihr Alter topfit war. Trotzdem hatte sie es schwer, uns zu folgen. Warum? Es musste, typisch für Asiaten, einfach alles fotografiert werden: Da, eine Pflanze… oh, ein Stein… Fotooooooooooo! 😉
Vor allem die Mehrtageswanderungen brachten durchaus körperliche Anstrengungen mit sich. Zum Einen musste man alles auf dem Rücken tragen, was man für mehrere Tage so brauchte. Essens- und Trinkpausen waren immer besonders angenehm, da der Rucksack hinterher einige Gramm leichter war. Zum Anderen hatte ich meist mehr Strecke an einem Tag zurückgelegt als für den Durchschnittswanderer empfohlen. Nach einer Mehrtageswanderung sah es dann am Abend schon mal wie folgt aus 😉