Hölle unter dem Regime der Roten Khmer
20 12 2012Das Leben besteht leider nicht nur aus Sonnenschein. Da der Inhalt des Blogs auch etwas Realität und nicht nur Strand und Palmen widerspiegeln soll, wage ich einen Bericht über die dunkelsten Schattenseiten der jüngeren Geschichte Kambodschas: nichts für schwache Nerven und hoffentlich der vorerst letzte ernste Eintrag über derartige Ereignisse der Vergangenheit.
Ein kurzes Vorwort: Bei diesem Artikel habe ich längere Zeit überlegt, ob ich ihn nun wirklich schreiben soll oder nicht. Genauso habe ich bei den beiden besuchten Museen bzw. Gedenkstätten – das bekannteste „killing field“ (Choeung Ek) sowie das Tuol Sleng Museum (Prison S-21) – zunächst schwer mit mir gerungen, auch nur ein einziges Foto zu machen. Letzten Endes ist die Entscheidung für ein paar wenige Bilder und den vorliegenden Eintrag gefallen, denn ich halte es für richtig, nicht wegzusehen oder zu vergessen, sondern zu erinnern und zu informieren… immer in der Hoffnung, dass sich Geschichte für diesen Fall nicht wiederholt.
Der Name für das Volk von Kambodscha ist Khmer, ebenso wird ihre Sprache und Schrift genannt. Die Roten Khmer dagegen sind bzw. waren eine extrem kommunistische Gruppierung, die von 1975 bis 1979 an der Macht waren und dem NS-Regime aus früheren deutschen Zeiten in nichts nachstanden: weder hinsichtlich der Ausgeburt völlig kranker Ideologien, die sich in den Köpfen dieser Personen gefestigt hatten, noch in Bezug auf unmenschliche Taten, die nie zu begreifen sind. Auf dem Thron der Macht bei den Roten Khmer saß dabei ein Diktator namens Pol Pot. Das Ziel des Regimes war es, die Arbeit der Bauern zu stärken und die Gesellschaft mit Gewalt in einen Agrarkommunismus umzuwandeln.
Die Menschen, die bereits auf dem Land arbeiteten, waren dem Regime relativ gut gesonnen, was nicht heißt, dass sie unter guten Bedingungen lebten. Stadtmenschen waren den neuen Machthabern dagegen ein Dorn im Auge. Am 17. April 1975 marschierten Pol Pot und die Roten Khmer in der Hauptstadt Phnom Penh ein und ordneten Zwangsevakuierungen an. Binnen weniger Tage wurden Tausende Menschen in ländliche Gegenden deportiert. Auf dem Land sollte täglich teilweise 14-16 Stunden unter sklavenähnlichen Bedingungen gearbeitet werden. So stand nach dieser harten Arbeit am Ende des Tages nicht selten gerade mal eine kleine Schale Reis bereit.
Besonders hart traf es alle Gelehrten, Künstler, usw. – kurz gesagt: alle die Menschen, die einen Staat normalerweise intellektuell voranbringen. Sie wurden zu Staatsfeinden erklärt, systematisch verfolgt und in den meisten Fällen zunächst gefoltert. Unter Folter gaben sie dann (wie es wohl jeder Mensch tun würde) beinahe alles zu, was ihnen in den Mund gelegt wurde, und schon hatten sie ihr Todesurteil besiegelt. Auch wenn es keinen offiziellen Grund gab, wurden dennoch scheinbare Rechtfertigungen gefunden, die Menschen umzubringen, die dem Staat gefährlich werden könnten. Ein einfach nicht zu glaubendes Zitat von Pol Pot lautete: „Lieber einen Unschuldigen zu viel getötet, als versehentlich einen Schuldigen entwischen zu lassen.“
Ob bei schlechten Arbeitsbedingungen auf dem Land verhungert, bei Folterungen gestorben oder auf einem der über 300 sogenannten „killing fields“ in Kambodscha zu Tode geprügelt: Unter den Roten Khmer wurde etwa ein Viertel bis ein Drittel der eigenen Bevölkerung ausgerottet. Das muss man sich mal vorstellen! Von damals etwa 8 Millionen Einwohnern kamen nach weit auseinander gehenden Schätzungen 1,7 bis 3,3 Millionen Menschen zu Tode. Genaue Zahlen kennt niemand.
Und als ob dieser Völkermord nicht schlimm genug wäre, erreichte auch die Brutalität der Tötungen ein Ausmaß, das einfach nicht zu glauben ist. Gewehrkugeln waren zu teuer oder zu schade. Stattdessen wurden die Menschen mit Schaufeln, Äxten oder sonstigen Gegenständen wie Bambusrohren totgeprügelt.
Neben der absoluten Brutalität sowie der Tatsache, dass sich der Völkermord gegen die eigene Bevölkerung richtete, war für mich erstaunlich, dass ich noch nie davon gehört hatte, obwohl es gar nicht so lange her ist. Auch in der noch jüngeren Vergangenheit gibt es mehr Völkermorde als einem lieb ist: Ruanda (1994) und Bosnien (1995) sind nur zwei Beispiele. Hoffentlich wird sich Geschichte in diesem Fall nicht nochmal wiederholen…
Das frühere Gefängnis S-21 in Phnom Penh:
Regeln, die unschuldige Gefangene zu befolgen hatten:
Das Gesicht jedes Einzelnen von 20.000 Menschen, die hier umkamen, wurde zur Dokumentation festgehalten. Es ist ein Grauen in diese Gesichter zu blicken:
Eines der 129 Massengräber des killing fields “Choueng Ek”:
Das Hinweisschild sagt leider die Wahrheit:
Die Gedenkstupa, in der etwa 8000 Schädel aufbewahrt werden:
Hey Timo,
puh, das ist natürlich harter Tobak, aber es gehört dazu…. gut das du uns daran Teilhaben lässt.
Frohe Weihnachten und liebe Grüße
Erik