Zurück in Asien: Die Vielfalt Malaysias
7 04 2013Meine erste Nacht zurück in Asien in der Stadt Malakka an der Westküste Malaysias endet gegen 4:30 Uhr morgens ziemlich abrupt: Was zum Teufel ist das für ein Lärm, der nicht nur mich aus dem Schlaf geholt hat? Es hört sich an wie das jammernde Singen eines Mannes, der der Lautstärke nach zu urteilen direkt neben meinem Bett stehen muss…
Beim zweiten Erwachen erinnere ich mich, dass ich mich ja in einem mehrheitlich muslimisch geprägten Land befinde: Der Mann ist ein Muezzin, d.h. er hat die Gläubigen zum Gebet gerufen und um wirklich alle (auch mich) zu erreichen, benutzte er einen Lautsprecher. Das Minarett, von dem der Gebetsruf ausging, befand sich nur ein paar Meter Luftlinie vom Hostel entfernt… Nach dieser freundlichen Begrüßung wollte ich der Einladung natürlich auch Folge leisten. Buddhistische Tempel in Kambodscha und Thailand hatte ich schon so einige gesehen, aber eine große Moschee war noch Neuland für mich. Also bin ich ein paar Tage später in Kuala Lumpur in die Nationalmoschee des Landes gegangen. Hier beten jeden Freitag 15000 Menschen gleichzeitig in Richtung Mekka, wow! Trotz detailgetreuer und mit Bildern verfeinerten Anleitungen, wie das Gebet auszusehen hat, habe ich mich nur für einen Rundgang entschieden… Im Gegensatz zu Tempeln und Kirchen, die oft vor vielen Jahrhunderten errichtet wurden, war das Moderne dieser 1965 erbauten Moschee nicht zu übersehen. Sollte einem das am äußeren Erscheinungsbild noch nicht aufgefallen sein, merkt man es spätestens am Schild „Free WiFi“ innerhalb der Moschee.
Es ist aber hauptsächlich die ursprünglich malaysische Bevölkerung, die muslimisch ist. Daneben gibt es viele weitere Ethnien, sodass ein interessantes Multi-Kulti an Herkunft und Religion entsteht. Ist die Integration von Migranten ein Thema, das es seit Jahren verstärkt in die deutschen Nachrichten schafft, so findet Integration in Malaysia seit Jahrhunderten automatisch statt: Chinesen (meist Taoisten und Buddhisten), Inder (oft Hindus oder Christen), diverse Stämme der Insel Borneo sowie die ursprüngliche Bevölkerung der Halbinsel Malaysias leben hier miteinander. Auch europäische Einflüsse sind vorhanden: Die Hafenstadt Malakka war beispielsweise schon in portugiesischer, niederländischer sowie britischer Hand. Was ist da eigentlich noch ursprünglich malaysisch?
All die verschiedenen Ursprünge mögen sehr interessant sein, aber der für mich zugegebenermaßen interessanteste Nebeneffekt sind die tollen Küchen, die sich aus dem kulturellen Mix entwickelt haben. Sollte Essen nicht zuvor schon eines meiner Hobbys gewesen sein, ist es spätestens in Asien zu einem geworden. Wie habe ich die asiatische Küche zwei Monate lang in Neuseeland und Samoa vermisst! Die indischen Brote Naan, Roti oder Chapati schmecken einfach göttlich. Dazu noch ein eisgekühlter Mango-Lassi und der Tag kann beginnen =) …das Ganze im Straßenstand oder Restaurant nebenan, frisch zubereitet sowie für einen lächerlich geringen Preis. Dabei habe ich noch gar nicht von der Auswahl an Früchten gesprochen…
Da ich gern unbekanntes Essen ausprobiere, kommt es natürlich hier und da auch zu Verkostungen, die nicht meinen Geschmack treffen. Der größte Fehlgriff war ohne Zweifel das in Malakka ausprobierte Durian-Eis in einem Laden rund um Produkte aus Durian. Durian ist eine Frucht, die selbst hier in Asien die Meinungen spaltet, sie wird geliebt oder gehasst. Auch gern als Stinkerfrucht bezeichnet, hat sie es sogar auf die Verbotsliste mancher Gasthäuser oder gar Flughäfen geschafft. Die Frucht selbst ist wirklich gewöhnungsbedürftig, aber noch gerade so essbar. Das Eis hat jedoch bestenfalls nach einer alten vergammelten Zwiebel geschmeckt. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Eis nicht aufgegessen!
Auch die chinesische Küche ist für den mitteleuropäischen Geschmack meist gewöhnungsbedürftig. Man kommt jedoch selten daran vorbei, denn bisher gab es noch in jeder größeren malaysischen Stadt auch ein Chinatown. Dabei sind die bunten Märkte immer wieder schön anzuschauen und bieten allerlei Überraschendes, wie in Malakka beispielsweise einen riesigen (lebendigen) Leguan, der einfach so auf dem Tisch liegt.
Das hört sich nun alles sehr traditionell und alt an. Aber Malaysia kann auch modern sein, was man vor allem bei der jüngeren Generation bemerkt. Hier besitzt anscheinend jeder ein Smartphone oder iPad oder gerne auch beides gleichzeitig. Das Geschäftsviertel der Hauptstadt Kuala Lumpur bietet Einkaufsmeilen ohne Ende und man kommt an neuer Technik einfach nicht vorbei. Aus Versehen bin ich in so ein neumodisches IT-Einkaufszentrum gestolpert: 8 Etagen und in jeder bestimmt 20 Geschäfte, die nur Notebooks, iPads und Smartphones sowie entsprechendes Zubehör verkaufen… der Wahnsinn!
Symbolisch für das aufstrebende Schwellenland Malaysia sind die Petronas Towers in Kuala Lumpur. Die Zwillingstürme sind 452 m hoch, haben jeweils 88 Etagen und sind momentan das sechstgrößte Gebäude der Welt. Besonders bei Nacht sehen die Wolkenkratzer absolut gigantisch aus.
So sehr Malaysia auch nach vorne strebt und auf dem Weg ist, eine der führenden Nationen Asiens zu werden, so sehr vernachlässigt es leider auch seine wunderbare Natur. In einigen Städten gehört Müll zum Teil des Stadtbildes und teilweise offene Kanalisationen geben Gerüche preis, die ich hier nicht beschreiben kann und will.
Den wohl größten Fehler macht Malaysia aber mit dem Anbau von Palmenplantagen auf ehemaligen Gebieten des Dschungels. Wo auch immer man mit dem Bus vorbeifährt oder mit dem Flugzeug drüberfliegt, sieht man hektarweise Palmen. Ich muss zugeben, dass ich zunächst fasziniert von all den Palmen war, da sie eine meiner Lieblingspflanzen sind und für mich ein gewisses Urlaubsgefühl verkörpern. Aber auf den zweiten Blick hat das Ganze einen bitteren Beigeschmack: Wo heute Hunderttausende Palmen in Reih und Glied stehen, wuchs noch vor einigen Jahren der unberührte Regenwald. Eines der wichtigsten Exportgüter Malaysias ist Palmöl. Für das weltweit am meisten verwendete Pflanzenöl hat Malaysia einen Weltmarktanteil von riesigen 43 %. Der Preis dafür ist hoch: Sowohl für die Holzgewinnung als auch für den Anbau neuer Palmenplantagen wurden bereits geschätzte 60 % des ursprünglichen Regenwalds in Malaysia zerstört.
Für einen Teil der Bevölkerung Malaysias ist Wohlstand durchaus kein Fremdwort. Aber wie überall auf der Welt liegen Arm und Reich nah beieinander, teilweise nur wenige Meter entfernt. Die 3 folgenden Bilder könnten das nicht besser verdeutlichen: